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Soziale Medien: Infos und Tipps für Eltern
Die meisten Eltern machen sich Sorgen, wenn ihre Kinder in sozialen Netzwerken unterwegs sind. Aber ist die Skepsis berechtigt? Können Kinder und Jugendliche soziale Medien positiv für ihre Entwicklung nutzen? Wie können Kanäle wie Instagram oder YouTube Engagement und Kreativität fördern? Und vor was müssen Eltern ihre Kinder tatsächlich schützen? Stöbern Sie durch unsere FAQs, klicken Sie sich durch unsere Info-Galerien – und finden Sie am Schluss spannende Links zum Weiterlesen!
Über Beatrix Benz und Florian Hoffmann
FAQs soziale Medien: Antworten auf häufige Elternfragen
Wir haben unseren beiden Fachleuten häufige Elternfragen rund um das Thema soziale Medien gestellt. Hier finden Sie ihre persönlichen Antworten!
Benz: Faszinierend ist vor allem die Möglichkeit, sich zu zeigen, gesehen zu werden und andere zu sehen. Und das alles in einem Umfeld ohne Eltern! Hier sind die Kids unter sich, können sich austauschen, Freundschaften knüpfen und pflegen. Auch wichtig: Alle anderen nutzen soziale Medien – also wollen die meisten Kinder und Jugendlichen auch dazugehören. Und: Soziale Medien sind eine sehr schnelle Kommunikationsform. Wer hier etwas postet, bekommt sofort Feedback durch die vielen Kommentarfunktionen, Likes, Herzchen usw. Man findet sehr schnell heraus: Wie komme ich gerade bei anderen an?
Hoffmann: Soziale Medien stillen viele soziale Grundbedürfnisse auf einmal – Gruppenzugehörigkeit erleben, sich selbst ausprobieren, Spaß haben, sich vernetzen … Die digitalen Netzwerke sind ein zwischenmenschliches Spielfeld, nicht nur für Jugendliche: Das macht einen großen Teil der Faszination aus.
Hoffmann: Facebook ist für jüngere Menschen relativ out, da tummeln sich zu viele Erwachsene und oft auch die eigenen Eltern. Die deutschlandweite KIM-Studie erfasst einmal pro Jahr den Stellenwert der Medien im Alltag von Kindern von 6 bis 13 Jahren. In dieser Altersspanne haben im Jahr 2020 die sozialen Medien folgendes Ranking bekommen: WhatsApp auf Platz 1, TikTok auf Platz 2 und Instagram auf Platz 3. Bei der JIM Studie wurden Jugendliche von 12 bis 19 Jahren befragt. Hier lag ebenfalls WhatsApp auf Platz 1, aber Instagram auf Platz 2 und YouTube auf Platz 3. Weitere wichtige Apps für Kinder und Jugendliche sind Snapchat, Musikstreaming-Dienste wie Spotify, aber auch Plattformen wie Discord oder Twitch, für Fans von Online-Spielen.
Hoffmann: Das Einstiegsalter für das aktive Interesse und eigenständige Nutzen der sozialen Netzwerke liegt derzeit durchschnittlich zwischen 10 und 11 Jahren. Aber der Trend geht in Richtung „immer früher“. Natürlich kommt es auch darauf an, ab wann die Eltern den Zugang erlauben. Die Nutzungszahlen aller Online-Plattformen, also die Registrierungen und App-Downloads, steigen seit einigen Jahren kontinuierlich an, bei Erwachsenen wie bei Kindern und Jugendlichen.
Benz: Selbst wenn Kinder soziale Medien noch nicht eigenständig nutzen: Konfrontiert werden sie damit meist schon im Baby- und Kleinkindalter – etwa in Form von Video-Calls mit den Großeltern oder wenn Eltern ihnen Fotos und Videos in WhatsApp-Chats oder auf YouTube zeigen. Digitale und soziale Medien gehören mittlerweile einfach zum Familienalltag.
Erklärt: Was sind „Soziale Medien“?
Der Begriff Soziale Medien (engl. „Social Media“) bezieht sich auf alle Online-Plattformen und Apps, mit denen sich Menschen verbinden und austauschen können – privat oder beruflich. Unter den Oberbegriff „Soziale Medien“ fallen ganz unterschiedliche Angebote und die Übergänge sind fließend. Zum Beispiel sind neben den Netzwerken Facebook und Instagram auch WhatsApp, TikTok und YouTube virtuelle Gemeinschaften, in denen Nutzerinnen und Nutzer kommunizieren, Inhalte teilen und kommentieren. Ebenso bieten Streaming-Dienste wie Spotify die Möglichkeit, Musik zu bewerten und zu teilen.
GESAGT
„Soziale Medien helfen u. a. bei einer wichtigen Entwicklungsaufgabe: der Identitätsfindung.“ (Florian Hoffmann)
Hoffmann: Verteufeln sollten Eltern sie auf keinen Fall. Ein tolles Beispiel: Die „Fridays for Future“-Bewegung würde es ohne die Netzwerk-Möglichkeiten der sozialen Medien nicht geben. Auf einmal bekommen Jugendliche, die noch gar nicht selbst wählen dürfen, eine politische und gesellschaftliche Macht, die sie zuvor nicht hatten. Diese Altersgruppe hatte zuvor kein Sprachrohr. Jetzt kann sie international großen Einfluss nehmen.
Benz: Soziale Medien bieten auch viel Raum für Kreativität. Die Kinder und Jugendlichen konsumieren ja nicht nur, sie produzieren auch selbst Inhalte. Es gibt z. B. tolle Instagram-Kanäle, auf denen mit Fotografie gespielt wird, die verschiedenste Kunstformen oder kulturelle Hintergründe zeigen. Auch selbst gefilmte, geschnittene und vertonte Videos sind oft beeindruckend. Und diese Kompetenzen eignen sich die Kinder meist auf eigene Faust an. Soziale Medien sind also nicht gleichzusetzen mit passivem Sich-berieseln-Lassen. Sie sind auch eine Plattform für kreative Eigeninitiative.
Hoffmann: Auf jeden Fall. Kinder und Jugendliche nutzen soziale Medien sehr vielfältig: zur Information, für Lernangebote wie etwa Mathe-Erklärvideos oder Zeichenkurse auf YouTube, einfach nur für Spaß und Unterhaltung – oder um sich selbst auszuprobieren und „zu finden“: Sie üben Kommunikationsstile, holen sich Feedback über sich selbst, finden heraus, wie sie sich darstellen möchten und welche Interessen, Werte und Meinungen sie haben und vertreten wollen. Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung sind wichtige Aufgaben im Kinder- und Jugendalter. Und dafür bieten die sozialen Medien einen riesengroßen Spielplatz!
Hoffmann: Jugendliche nutzen soziale Medien auch als vielseitige Infoquelle für Themen, die sie nicht mit den Eltern besprechen möchten – etwa Sexualität und Diversität. Ein Jugendlicher auf dem Land zum Beispiel, der sich seiner sexuellen Identität nicht sicher ist, kann über soziale Medien ganz schnell Gleichaltrige finden, denen es ähnlich geht. Er stellt fest: Ich bin kein Freak, ich bin nicht der Einzige, hier kann ich mich endlich austauschen und Fragen stellen! Auch allgemein zum Thema sexuelle Aufklärung finden Jugendliche in den sozialen Netzwerken viele tolle Infoangebote, ohne dass sie ihren Eltern peinliche Fragen stellen müssen.
ÜBRIGENS
Die Herausforderung der Medienerziehung: Laut UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, auf Zugang zu (digitalen) Medien – aber auch ein Recht auf Schutz.
Faustregel: THINK before you post!
Eine praktische Grundregel (für Kinder wie Erwachsene): Bevor du etwas in den sozialen Medien veröffentlichst, denke kurz nach und stelle dir die folgenden Fragen: 1. Ist das wahr? 2. Ist es für andere hilfreich? 3. Ist es inspirierend? 4. Ist es notwendig? 5. Ist es nett? Die Anfangsbuchstaben der englischen Übersetzung der Adjektive (true, helpful, inspiring, necessary, kind) ergeben das Wort THINK, also „Denk nach!“. Wenn du mehr als eine der Fragen mit „nein“ beantwortest, kannst du dir den Post ziemlich sicher sparen.
GESAGT
„Eltern müssen sich an die eigene Nase fassen: Ein gutes Vorbild sein – das ist die beste Medienerziehung!“ (Beatrix Benz)
Benz: Es ist wichtig, dass Eltern nicht nur über soziale Medien schimpfen, vor Gefahren warnen und Verbote äußern. Das erzeugt schnell Streit und eine Trotz-Haltung auf der Seite des Kindes. Am besten schon früh gemeinsam den Blick auf das Positive richten. Wenn Kinder beginnen, Online-Medien und soziale Medien zu entdecken, sollten Eltern sie von Anfang an spielerisch und neugierig dabei begleiten. Das heißt: gemeinsam altersgerechte Angebote suchen, spannende und kreative Möglichkeiten ausprobieren. Wenn die Kinder älter werden, können Eltern auch ruhig mal das Expertenwissen der Kids in Anspruch nehmen. Zum Beispiel: „Zeig mir doch mal, wie man das macht mit den Insta-Storys? Wie kann man die Bilder bearbeiten?“ Und: Auch wenn man die Faszination für eine App, ein Spiel oder Video nicht teilt: nachfragen. Warum macht dir das so viel Spaß? Was findest du daran so spannend? Wenn Eltern echtes Interesse zeigen, kommen sie mit ihren Kindern auch über die positiven Aspekte der sozialen Medien ins Gespräch. Und das ist ein wichtiger Baustein, um einen verantwortungsbewussten und risikoarmen Umgang damit zu fördern.
Benz: Eltern müssen sich auch selbst beobachten, selbstkritisch sein, genau wie die Kinder an die Familien-Medienregeln halten. Außerdem sollten sie für medienfreie Zeiten sorgen. Daraus lässt sich auch eine spielerische Challenge machen: Wer hält es am längsten aus, Handy-Nachrichten zu ignorieren? Oder: Wir schließen alle mal drei Stunden das Handy in den Schrank, gehen raus zum Fußballspielen. Wer bekommt als Erster Entzugserscheinungen? Vorbild sein ist die beste Medienerziehung!
Benz: Das ist ein Vorurteil. Eltern dürfen nicht vergessen: Die meisten Kontakte, die Jugendliche in sozialen Netzwerken haben, sind dieselben Kontakte, die sie in der Schule, im Verein und im sonstigen erweiterten Freundeskreis pflegen. Klar folgen sie online auch Idolen, Influencerinnen und Influencern oder YouTube-Stars. Aber der kommunikative Austausch in den sozialen Netzwerken findet in erster Linie mit Freunden, Freundinnen und Bekannten aus dem Alltag statt. Außerdem können digitale Kontakte auch den „echten“ Kontakt erleichtern. Zum Beispiel beginnen viele erste Liebesbeziehungen online: Es ist einfacher, erstmal per Like oder Kommentar vorsichtig Kontakt aufzunehmen und die Reaktion abzuwarten, als einen Schwarm in der realen Welt anzusprechen.
Benz: Im Grunde waren die Corona-Lockdowns ein riesiger Feldversuch zum Umgang mit sozialen Medien, weil so viele Kinder über einen so langen Zeitraum nicht in der Schule waren und kaum Freundinnen und Freunde treffen konnten. Natürlich muss soziales Verhalten geübt werden und das kann ich nur, wenn ich auch ein soziales Gegenüber habe. Wichtig ist aber, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr zwischen „real“ und „digital“ unterscheiden. Online-Kommunikation ist für sie genauso „echt“ wie das Treffen auf dem Pausenhof oder in der Eisdiele. Die Sorge vieler Eltern „Die Kinder reden nicht mehr richtig miteinander, sie haben kein echtes Sozialverhalten mehr …“ ist nicht mehr zeitgemäß. Die Bewertung als „gute“ oder „schlechte“ Kommunikation ist nicht gerechtfertigt, denn Kommunikationswege verändern sich. Die Kinder reden ja noch miteinander – einfach nur in anderen „Räumen“. Wenn man Kinder fragt, was sie am liebsten tun, dann sagen sie: mit Freundinnen und Freunden spielen oder Zeit mit den Eltern verbringen. Sie wollen rausgehen und sich treffen, austauschen, etwas unternehmen. Es kann schon sein, dass Eltern, Lehrkräfte, Fachkräfte in der Kinder- und Jugendarbeit in den nächsten Monaten Auswirkungen des langen Homeschoolings auf das Sozialverhalten bemerken werden und dass dies gezielt gefördert werden muss. Das wissen wir noch nicht. Aber Eltern müssen sich keine Sorgen machen, dass Kinder und Jugendliche jetzt lieber nur noch am Handy oder PC rumhängen und nicht mehr „raus ins echte Leben“ wollen.
Hoffmann: Kinder und Jugendliche sollten beide Kommunikationsformen lernen – online und persönlich von Angesicht zu Angesicht. Das ist eine wichtige Kompetenz für die Heranwachsenden: Wann nutze ich welchen Kommunikationskanal? Ist es passend, der Oma per WhatsApp-Nachricht zum Geburtstag zu gratulieren – oder sie zu besuchen? Oder wenn ich mit dem Rad gestürzt bin: Poste ich das blutende Knie als Erstes auf Insta oder rufe ich meine Eltern an? Beide Kommunikationswelten sind wichtig und in beiden müssen Kinder und Jugendliche sich ausprobieren und dazulernen.
Benz: Auf der Website „Schau hin!“ gibt es Orientierungshilfen mit Zeitangaben für verschiedene Altersklassen. Je älter Kinder werden, desto mehr bieten sich Wochennutzungszeiten statt Tagesnutzungszeiten an. Denn an einem verregneten Sonntag ist es auch mal okay, vier Stunden am Stück am Computerspiel zu daddeln, wenn dafür bei gutem Wetter ein Outdoor-Tag eingelegt wird. Und natürlich sollte ein Zweijähriger nicht stundenlang am Tablet sitzen. Wenn er das aber ab und zu in besonderen Stresssituationen der Eltern macht, ist das auch okay. Jede Familie muss individuell und situationsbedingt Entscheidungen und Absprachen treffen, ihre eigene Haltung zur Mediennutzung entwickeln. Patentrezepte gibt es leider nicht.
Hoffmann: Je jünger die Kinder, desto mehr helfen konkrete Schutzvorrichtungen, damit sie wirklich nur auf altersgerechte Angebote zugreifen können. An Computer und Handy lassen sich bestimmte Downloads oder Websites sperren. Ein guter Ansatz bei etwas älteren Kindern ist, die positiven Aspekte der sozialen Medien als Türöffner zu nutzen, um über die Gefahren zu reden. Wenn Eltern und Kinder gemeinsam spannende soziale Netzwerke und Apps erkunden, können sie dabei auch ansprechen, wo welche Risiken lauern und gemeinsam üben, wie man sie vermeidet. Außerdem sollten Eltern immer als Ansprechpersonen für die Kinder da sein, wenn diese negative Erlebnisse oder einen Fehler gemacht haben: Etwa in eine Kostenfalle getappt sind, mit einer fremden Person chatten oder aus Versehen private Bilder in der falschen Gruppe gepostet haben. Strafen sind dann fehl am Platz – sonst beichtet das Kind beim nächsten Mal sicher nicht mehr.
Hoffmann: Sobald Kinder das Internet und soziale Netzwerke nutzen, kommen sie mit Fake News und Verschwörungsmythen in Kontakt – genauso wie Erwachsene. Informations- und Recherchefähigkeiten müssen Kinder und Jugendliche deshalb lernen und üben. Wie und wo informiere ich mich neutral? Was ist eine Meinung, was ist ein Fakt? Wie kann ich Quellen beurteilen? Wie unterschiede ich zwischen echten und falschen Informationen? Bei der Fülle an Nachrichten, die täglich auf uns einprasseln, ist das nicht einfach – auch nicht für Erwachsene. Aber die Fähigkeit der Medienbeurteilung oder -kritik ist wichtiger Bestandteil der Medienkompetenz! Diese zu vermitteln, ist nicht nur Aufgabe der Eltern, sondern auch der Kitas und Schulen.
Dass nicht alle Informationen im Internet echt sind, können Eltern schon Kleinkindern spielerisch erklären. Lassen Sie Ihr Kind Fotos machen und diese dann selbst bearbeiten: den Himmel blauer machen, Augen vergrößern, Filter benutzen, einen Hund dazu zaubern u. Ä. So merken Kinder ganz schnell: „Ach das geht ja ganz einfach. Ich kann ja gar nicht jedem Bild trauen!“
Und ein Ansatz, wenn die Kinder älter sind: „Komm, wir machen mal gemeinsam Jagd auf Fake Profile und Falschmeldungen im Netz! Lass uns mal gucken, was da alles so herumgeistert!“
Fake News erkennen
Auf Websites wie z. B. Mimikama oder Correctiv werden regelmäßig Fake News veröffentlicht und können auch selbst gemeldet werden. Mit dem pädagogischen Medienpreis ausgezeichnet wurde das Online-Spiel „Get bad news“ (empfohlen ab 15 Jahren). Die Aufgabe: gezielt Falschmeldungen verbreiten, um möglichst viele Follower zu gewinnen. Dabei erleben Jugendliche spielerisch, wie Fake News getarnt und gestreut werden.
Soziale Medien: Wie kann ich Kinder vor Gefahren schützen?
Von Datenschutz bis Cybermobbing: Hier finden Sie die wichtigsten Risiken für Kinder im Netz. Im schnellen Überblick und mit nützlichen Links für Infos und Tipps – damit Sie Ihr Kind bestmöglich schützen. Grundregel vorab: Panikmache vermeiden, aber über alle Punkte reden und den Umgang damit gemeinsam üben!